Giftpfeile, Piranhas und Inzucht
- Roberts Eindrücke -

Wentaro, unserem Ziel, durchzukommen.
Unser Entschluß: nachdem das Begrüßungspalaver abgeebbt ist, werden die dringendsten Dinge auf Einbaumkanus umgeladen und von den Indios nach Wentaro verschifft. Wir machen uns auf dem Landweg auf. Ghazy und seine Mutter, von Ika geführt, marschieren als langsamerer Trupp los. Ich und Ron stürmen mit Patricio als Führer vorneweg.

Der Landweg nach Wentaro ist nicht mehr als ein auf und ab führender Trampelpfad durch dichtes Buschwerk, der gelegentlich den Fluß kreuzt, wobei wir die steilen Flußufer mehr hinunterfallen als steigen. Ron schlägt mit der Machete einen notdürftigen Weg frei, und Paticio hält Ausschau nach Stöcken mit aufgesteckten Papageienfedern - den Wegweisern nach Wentaro.

Der Weg ist inzwischen „ausgebaut" - das bedeutet, die Indios haben Seitencreeks des Flusses überbrückt, mit nebeneinandergelegten armdicken Baumstämmen, denen manchmal ein Geländer beigefügt wurde. Und an einer dieser Brücken am Kwai geschah es.

Ron (auf Englisch): Patricio, halt mal an. Ich glaube, die Brücke hält mich nicht aus.
Patricio: (auf Englisch): Hm, ja, kann sein, die sieht nicht so stabil aus. Ich probiere erst mal, wartet hier eine Sekunde. (Er geht vorsichtig wie ein Seiltänzer auf die Mitte der ca. 3 m langen Brücke.)
Patricio: (auf Englisch): Scheint aber zu halten. (Er wippt vorsichtig auf und ab.)
Patricio: (auf International): Aaaaaaaaaaaaaah!!!!!!!!!!!
(Der Schrei kommt von einer Stelle in der Luft, wo sich vor Sekundenbruchteilen noch eine Brücke und ein Patricio befanden. Etwa zwei Meter tiefer, in einem schlammigen Graben, befinden sich Patricio und die Bruchstücke einer ehemaligen Brücke.)

Wir springen hinunter - Patricio ist schneller auf den Beinen als wir unten, er ist wie eine Katze - und arbeiten uns die Grabenwand wieder hoch - ich mit der Hilfe meines ehrwürdigen Geologenhammers. Wir sehen aus wie eine Herde Schweine nach einem Schlammbad.

Wir legen eine Pause ein. Meine Füße schmerzen und sind durch das Innenprofil der Stiefel nochmal blutig aufgescheuert. Patricio meint, es wäre noch ca. eine halbe Stunde bis Wentaro. Von ihm ist eine solche Angabe halbwegs realistisch. Hätte einer der Huao, deren Zeitgefühl eine eher flexible Sache ist, das gesagt, hätte man noch von drei Stunden ausgehen können.

Nach etwa 20 Minuten kreuzen wir nochmal den Fluß, der kaum knietief hier ist. Das Wasser ist hier deutlich klarer und fließt schneller. Wir lassen unser Gepäck am Ufer fallen und uns selbst ins Wasser, Ron legt sich längs hin und genießt die Kühle. Wir haben kaum mehr Trinkwasser, seine Feldflasche enthält nur noch einen brühwarmen Schluck. Später kommentiert er: „Viel hätte nicht gefehlt, und ich hätte die Brühe aus dem Fluß gesoffen."

Aber wir sind fast am Ziel. Wir kreuzen zwei Flüsse, die hier ineinanderfließen, und auf eine kurze Strecke mit etwa einem Viertelmeter Höhenunterschied nebeneinander herfließen - wie zwei ineinandermündende Autobahneinfahrten. Nach wenigen Minuten Fußmarsch sind wir plötzlich auf einem freien rechteckigen Feld mit kurz gemähtem Gras. Es ist der Flugplatz von Wentaro (!).

Pato steuert die ersten Hütten an, und die Indios schauen uns neugierig entgegen. Er ist hier kein Unbekannter, und als sich herumspricht, daß auch „Ron del Almania" da ist, schaltet der Buschfunk auf Sendung: von überallher tauchen Männer, Frauen, Kinder auf und begrüßen uns. Einer der Indios fragt verwundert, wieso ich mit dem „Martello" (Hammer) in der Hand herumlaufe - und Pato erzählt kurz unser Erlebnis mit der einstürzenden Brücke.

Wentaro ist nicht allzu groß - ich schätze grob eine Bevölkerung von vielleicht 50 Köpfen maximal. Das Dorf besteht, neben den Wohnhütten der Familien, aus einem

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